Sie haben unerwartete Einnahmen und überlegen nun, wie Sie aktuell nicht benötigtes Geld anlegen? Sie fragen sich, ob Sie trotz laufender Kredite in die Altersvorsorge investieren sollen? Fest- und Tagesgelder werfen kaum Rendite ab, eine Anlage in Fonds lohnt nur, wenn Sie mittel- bis langfristig auf das Geld verzichten können. Zuerst sollten Sie deshalb prüfen, ob Sie Schulden haben, für die Sie Zinsen zahlen. Die Schuldentilgung ist eine sichere „Geldanlage“ mit hoher Rendite, weil Kreditzinsen nicht in dem Maße gesunken sind wie Sparzinsen. Zu prüfen sind lediglich die rechtlichen Möglichkeiten einer vorzeitigen Rückzahlung.
Beispiel Dispositionskredit
Am einfachsten haben Sie es bei Krediten ohne feste Laufzeit, insbesondere beim Dispositionskredit auf dem Girokonto. Diesen Kredit können Sie jederzeit ablösen, indem Sie das Konto wieder ins Plus bringen. Es geht zwar meist nicht um hohe Beträge, aber durch die üppigen Zinssätze für den Dispo kommen nennenswerte Kreditkosten zusammen. Ein Rechenbeispiel: Sie haben wegen unvorhergesehener Reparaturen Schulden von 2.500 Euro auf dem Girokonto machen müssen. Ihr Plan ist, diesen Betrag mit den nächsten Gehaltszahlungen auszugleichen, und zwar in Raten zu je 200 Euro. Bei 10 % Jahreszins – der durchschnittliche Dispozins in Deutschland – brauchen Sie dafür rund 13 Monate und zahlen über 150 Euro an Zinsen. Angenommen, Sie bekommen die 2.500 Euro aus einer Bonuszahlung Ihres Arbeitgebers, können Sie sich diese 150 Euro sparen und auf einen Schlag schuldenfrei sein. Die Alternative, Tagesgeld zu 0,20 % Zinsen, hätte Ihnen in 13 Monaten nur etwas mehr als fünf Euro gebracht, je nach Ausnutzung von Freibeträgen sogar noch abzüglich Steuern. Mit der Schuldentilgung sparen Sie 145 Euro und haben den Dispo wieder für Notfälle zur Verfügung.
Vorfälligkeitsentschädigung beachten
Bei Ratenkrediten – hierzu gehören auch Immobiliendarlehen – mit fester Laufzeit sieht die Sache etwas anders aus. Der Vertrag ist fest geschlossen. Eine Kündigung ist bei sehr lang laufenden Darlehen erstmals nach zehn Jahren möglich. Sind Sondertilgungen mit der Bank nicht im Voraus vereinbart, muss man einen Kompromiss finden zwischen dem Interesse des Kreditgebers an den Zinsen und Ihrem Interesse, die Last vorzeitig loszuwerden. Die mittlerweile gesetzlich verankerte Lösung heißt Vorfälligkeitsentschädigung. Grundsätzlich dürfen Sie Schulden früher bezahlen als vereinbart. Dem Kreditgeber steht dann nicht der volle Zins zu, weil er nach der Tilgung kein Ausfallrisiko mehr trägt, aber dennoch eine Entschädigung, weil Sie den Vertrag nicht bis zum Schluss erfüllen. Dieser Betrag, die Vorfälligkeitsentschädigung, ist gesetzlich auf 1 % der vorzeitig getilgten Summe begrenzt – im letzten Jahr der Kreditlaufzeit sogar nur 0,5 %. Daraus ergibt sich eine einfache Faustregel: Ist der Habenzins, den Sie für eine Geldanlage erzielen, geringer als Ihr Kreditzins abzüglich 1 %, ist die Schuldentilgung das klügere Geschäft.
Wir wenden das obige Beispiel auf einen Ratenkredit mit 5 % Zinsen an: 2.500 Euro vorzeitige Tilgung kosten Sie 25 Euro Vorfälligkeitsentschädigung. Sie sparen aber 125 Euro Zins pro Jahr. Nur wenn Sie eine sichere Geldanlage fänden, die 4 % von 2.500 Euro, also 100 Euro Ertrag nach Steuern bringt, wären Sie damit besser bedient.
Ausnahme „Notgroschen“
Auch wer noch Kredite zu tilgen hat, sollte Geld für Notfälle wie beispielsweise eine Reparatur des Autos oder die Anschaffung einer neuen Waschmaschine zur Seite legen. Nur so können Sie im Fall des Falles dringend notwendige Ausgaben abdecken, ohne wieder neue Schulden machen zu müssen. Finanzexperten empfehlen, dafür die Summe aus 3-5 Netto-Monatseinkommen auf die hohe Kante zu legen.
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