Weniger als 10 % der Haushalte nutzen Stromrechner, um die Kosten ihres Stromverbrauchs zu senken. Eigentlich unverständlich, wenn man bedenkt, dass nach einem Wechsel exakt derselbe Strom aus der Steckdose kommt, nur eben zu einem deutlich niedrigeren Preis. Wenn es um die Autoversicherung geht, wechseln die Kunden jedes Jahr und sind sich dabei über die gravierenden Leistungsunterschiede kaum im Klaren. Bei den Stromtarifen verzichten sie dagegen für ein identisches Produkt auf eine Ersparnis von durchschnittlich fast 200 EUR für einen Single-Haushalt und 400 EUR für eine Familie. Das können Sie ändern.
Wettbewerb gibt es nur durch wechselwillige Kunden
Bereits seit 1998 sind die gesetzlichen Vorgaben der Europäischen Union zur Liberalisierung des Energiemarktes auch in Deutschland in nationales Recht umgesetzt. Aktuell wechseln ca. vier Millionen Kunden jährlich den Stromversorger. Allerdings sind in dieser Zahl mehr als eine Million Wechsel durch Umzug mitgezählt. Bei vierzig Millionen Haushalten ist der Anteil derer, die sich aktiv um einen niedrigeren Strompreis per Stromvergleichsrechner bemühen, geringer als 10 %.
Analysiert man die Gründe für die mangelnde Wechselbereitschaft, zeigt sich ein erschreckendes Informationsdefizit. Besonders in der Gruppe der unter Dreißigjährigen, die durch Smartphones und mobiles Internet durchweg gut vernetzt ist, kennt jeder Dritte seinen Strompreis nicht. Zum Vergleich: in der älteren Generation ab sechzig ist es nur jeder achte. Das Ergebnis erstaunt umso mehr, als für die Wechselbereitschaft nicht allein ein geringerer Preis ausschlaggebend ist. 43 % der Befragten gaben weitere Gründe wie Online-Abrechnung oder Öko-Strom als Gründe für einen möglichen Anbieterwechsel an. Das sind typische Wünsche junger, gut informierter Kunden.
Im Ergebnis sind immer noch über ein Drittel der Haushalte im vermutlich teuersten Tarif der Stadtwerke aus der Zeit vor der Marktöffnung. Weitere 45 % haben zwar den Tarif, nicht aber den Anbieter gewechselt. Auch sie zahlen vermutlich viel mehr als nötig. Wenn sich aber fast 80 % der Kunden nicht bewegen, keinen Stromrechner nutzen und bei ihrem bisherigen Versorger bleiben, haben die Unternehmen auch keine Veranlassung, Tarife zu senken. Die Nicht-Wechsler schaden also nicht nur der eigenen Haushaltskasse, sondern sorgen zudem dafür, dass der Wettbewerb eines liberalisierten Marktes nicht wirklich funktioniert.
Viele Preisbestandteile sind nicht zu beeinflussen
Spektakuläre Insolvenzen von Anbietern in den ersten Jahren der neuen Freiheit auf dem Energiemarkt trugen nicht gerade dazu bei, das Vertrauen der Verbraucher zu stärken. Deshalb vorab: der Stromwechsel ist unkompliziert und mit Beachtung einiger Hinweise auch ohne Risiko. Es gibt keinen Zählertausch und keine Unterbrechung der Versorgung. Alles, was Sie benötigen, sind die Zählernummer und Ihr letzter Jahresverbrauch, gemessen in Kilowattstunden. Selbst bei einer Pleite des gewählten Anbieters fließt der Strom weiter, denn der Grundversorger ist automatisch wieder in der Pflicht, Sie zu beliefern.
Bevor Sie sich an den Stromrechner setzen und auf die Suche nach Billigstrom gehen, sollten Sie sich kurz mit der Zusammensetzung des Strompreises beschäftigen. Ein wesentlicher Teil davon, in den meisten Tarifen weit mehr als die Hälfte, entfällt auf Abgaben, Umlagen und Steuern, die vom Anbieter nicht zu beeinflussen sind. Einige davon sind in Prozent berechnet, zum Beispiel die Mehrwertsteuer. Sinkt der Preis für Erzeugung und Transport des Stroms, spart man auch hier. Andere wiederum sind feste Cent-Beträge pro Kilowattstunde, sie ändern sich auch bei günstig eingekauftem Strom nicht. Das Sparpotenzial hat also Grenzen.
Stromrechner richtig nutzen
Wie findet man nun unter 1.100 Anbietern und 13.000 Stromtarifen den für sich richtigen heraus? Nutzen Sie auf jeden Fall Stromrechner mehrerer Vergleichsportale. Die Online-Vergleiche leben entweder von Werbung oder von Provisionen. Das bedeutet, dass unter Umständen nicht alle Energiekonzerne oder Tarife gelistet sind. Durch die Suche an vielen Stellen finden Sie heraus, ob Ihnen ein günstiger Tarif vorenthalten wird. Als Eingaben werden üblicherweise nur die Postleitzahl des Versorgungsortes und die voraussichtliche jährliche Stromabnahme verlangt. Letztere sollten Sie kennen, denn Hilfslösungen, zum Beispiel über die Wohnfläche, sind sehr ungenau. Es macht einen Unterschied, ob Ihre Haushaltsgeräte neu oder zwanzig Jahre alt sind, ob Sie bewusst Strom sparen oder das Licht auch mal in ungenutzten Räumen brennen lassen, ob tagsüber jemand zu Hause ist oder alle berufstätig und außer Haus sind. Am besten schauen Sie auch einige Jahre zurück. So stellen Sie fest, ob Ihr Stromverbrauch konstant oder eher schwankend war, zum Beispiel weil Sie mit Strom heizen oder ein Klimagerät betreiben.
Der nächste Schritt ist eine Modifikation der Voreinstellungen im Stromvergleichsrechner, denn diese sind oft nicht verbraucherfreundlich. Manche Jahrespreise sind durch einmalige Bonuszahlungen geschönt. Der Strom wird also im Folgejahr automatisch teurer. Wenn Sie bereit sind, jedes Jahr zu wechseln, können Sie solche Einmal-Rabatte abgreifen. Ansonsten schließen Sie die Option lieber aus. Pakettarife über ein bestimmtes Kontingent an Kilowattstunden schneiden oftmals im Preisvergleich sehr gut ab. Die Ersparnis erzielen Sie aber nur, wenn Sie das gebuchte Volumen exakt ausnutzen. Nicht verbrauchte Kilowattstunden sind verloren, Geld zurück gibt es nicht. Umgekehrt muss Mehrbedarf meist recht teuer nachgekauft werden. Pakettarife sind also nur empfehlenswert, wenn Ihr Verbrauch sehr konstant ist und zu einem der angebotenen Pakete passt. Meiden Sie in jedem Fall Angebote, bei denen Sie im Voraus für das Gesamtpaket zahlen müssen. Möglicherweise hat der Anbieter ein Problem, seine Geschäftsausweitung zu finanzieren. Irgendwann bricht das System, das von den Vorauszahlungen der Neukunden lebt, zusammen. Sie bekommen zwar weiter Strom, müssen ihn aber doppelt bezahlen, denn die geleisteten Zahlungen sind im Insolvenzfall zum größten Teil verloren.
Ihr nächster Blick gilt den Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen. Überlegen Sie gut, ob Sie für einen günstigen Tarif eine Laufzeit von mehr als zwölf Monaten akzeptieren möchten. Zwar gibt es bei Preiserhöhungen immer ein Sonderkündigungsrecht, aber sollten Marktpreise auf breiter Front rutschen, können Sie daran wegen der langen Vertragsbindung nicht teilhaben. Innerhalb der vereinbarten Laufzeit sollte eine Preisgarantie von mindestens zwölf Monaten gelten. Ansonsten besteht die Gefahr, auf Lockvogel-Angebote hereinzufallen, die kurz nach Abschluss teurer werden. Lange Kündigungsfristen sind ebenfalls von Nachteil, selbst wenn Sie aufmerksam die Kündigungstermine in Ihren Kalender übertragen haben. Sie müssen kündigen, ohne einen Marktüberblick für den Termin zu haben, an dem die Kündigung wirksam wird. Sechs Wochen Kündigungsfrist sind in Ordnung, längere Fristen können Schwierigkeiten bereiten.
Jetzt fehlt nur noch ein kleiner Schritt, und der Wechsel ist vollzogen. Meist kümmert sich Ihr neuer Vertragspartner um alle Formalitäten. Ist es knapp mit der Kündigungsfrist des alten Vertrages, sollten Sie das vorsichtshalber selbst erledigen, damit Sie die Frist nicht versäumen. Bei manchen Tarifen ist ein Wechsel über das gewählte Vergleichsportal zwingend, um exklusive Sonderkonditionen zu erhalten.